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Erfahrungsbericht - Auf dem Fernwanderweg Gr 54 in Frankreich


Frau auf dem Bergpass (Col de l’Aulp Martin

Der Gr 54 auch genannt Grande Tour des Ecrins ist bekannt als einer der anspruchsvollsten Rundtouren in Europa und gilt als eine der schönsten Wanderungen der Alpen. Die Tour des Ecrins verläuft über ca. 193 km entlang der zweithöchsten Bergkette in Frankreich im Ecrins Nationalpark entlang. Dabei legt man stolze 12800 Höhenmeter zurück und überquert 14 wunderschöne Bergpässe. Der Gr 54 dauert zwischen 7 und 12 Tagen. Hier bekommst du eine Zusammenfassung meiner Eindrücke und Erlebnisse, die ich im Sommer 2020 machen durfte. Viel Spaß beim Lesen:)

 

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Anfahrt nach Le Bourg-d'Oisans

Um an den Start meiner Wanderung zu gelangen fahre ich zuerst mit dem Bus von München nach Lyon und dann weiter nach Grenoble. Die Fahrt bis nach Grenoble dauert sehr lang, ca. 18 Stunden. Ich komme untertags an und fülle erst mal meine Trinkflasche in einem kleinem Park nähe der Busstation auf. Solche öffentlichen Brunnen gibt es in Frankreich reichlich. Nach einiger Zeit fahre ich dann abermals mit dem Bus weiter bis nach Le Bourg-d’ Oisans. Versehentlich habe ich mir die falsche Fahrkarte gekauft, ups, aber der Busfahrer ist so nett und lässt mich trotzdem einfach mitfahren. In dem kleinen Städtchen angekommen mache ich es mir dann auf einem ruhigen Campingplatz gemütlich. Dort gehe ich auch nochmal meine erste Lebensmittelration durch, die ich für die drei Tage angedacht habe.

Zelt mit Lebensmitteln für die ersten Tage auf dem Fernwanderweg Gr 54
Auf dem Campingplatz in Le Bourg-d’ Oisans.

Nebel und Sonnenschein

Als ich am nächsten Tag zeitig aufbreche ist es bewölkt und etwas nieselig. Der Trail verläuft eigentlich schon von Beginn an aufwärts. Zuerst gehe ich durch kleine Bergdörfer mit vielen Brunnen und netten Häusern. Nach einiger Zeit setzt sich dann auch die wärmende Sonne durch. Es dauert nicht lange und das erste Plateau ist über eine Forststraße erreicht. Ich stehe auf dem Col de Sarenne und sehe zum ersten Mal die Gletscher des Ecrins. Die Sicht ist atemberaubend schön…pinke fast schon kitschige Bergblumen, strahlender Sonnenschein, und die Sicht auf die in Schnee getauchten Berge - wahnsinn. Ich stelle fest, dass sich schon jetzt die lange Anreise und die Entscheidung den Trail zu machen gelohnt hat und gehe mit guter Laune weiter.

Pinke Bergblumen mit Aussicht auf Berge und Geltscher bei Sonnenschein im Ecrins Nationalpark
Blick vom Col de Sarenne auf die Gletscher des Ecrins

Begegnung

An meinem Ersten Abend schlafe ich auf einem simplen Campground. Es gibt Zugang zu Wasser, Toiletten und guten Campspots. Als Dankeschön hinterlegt man in einer Box eine kleine Spende. Dort treffe ich Martin (Name geändert), der auch alleine auf dem Trail unterwegs ist. Als wir beide feststellen dass wir das gleiche Zelt haben, kommen wir schnell ins Gespräch. Wir Essen zusammen, unterhalten uns über bisherige Trails und sprechen etwas über Ultralight Ausrüstung. Das Gespräch war vielleicht auch ein bisschen nerdig, aber macht ja nichts ;).


An Tag zwei starte ich sehr früh weil es ziemlich warm werden soll. Nach einem ersten Anstieg erreicht man eine wunderschöne ebene Fläche, das Plateau d'Emparis. Der Anblick von trockenem Gras mit einer atemberaubenden Bergkulisse im Hintergrund erinnert mich total an den Te Araroa Trail in Neuseeland. Nach einiger Zeit verläuft der Weg dann an einigen Bergseen entlang (unter anderem am Lac de l'Etoile = Sternensee). Die Bergkulisse auf das Meije Massiv ist einfach nur atemberaubend. An dem Tag gehe ich noch weiter bis nach Villar d'arene wo ich dann auch wieder Martin treffe. Wir erzählen uns vom Tag und genießen eine eiskalte Cola.

Ausblick vom Plateau d'Emparis in den französischen Alpen
Plateau d'Emparis - so schön:)


 Lac de l'Etoile auf der Grande Tour des Ecrins mit Gletschern im Hintergrund
Lac de l'Etoile

Stetig hoch und runter

Am nächsten Tag geht es bergauf vorbei an einem Refuge, an dem ich mir Wasser hole.

Danach geht es weiter vorbei an Kuhherden und einem trüben, türkisblauen kleinen See Richtung Vallouise. Ich nehme mir vor dort wenn möglich noch vor 12 Uhr anzukommen um den Supermarkt zu erreichen. Den dieser schließt über die Mittagszeit. Um 10 vor 12 erreiche ich den Supermarkt mit dem Namen Sherpa und hole mir neben meinem Resupply auch einen leckeren Pfirsich, Baguette und Comte’.

kleiner trüber, türkiser Bergsee mit pruachtiger Bergkulisse iauf dem Gr 54
Die Aussicht ist unfassbar:)

Nachdem ich mein Wasservorrat an einem Brunnen aufgefüllt habe geht es weiter Richtung Colde l’Eychauda das auf ca. 2400 Metern liegt. Der Anstieg ist ziemlich kräftezehrend und steil, läuft aber größtenteils durch den Wald, welcher angenehmen Schatten spendet. Nach einiger Zeit wird der Gr 54 dann lichter, den letzten Teil läuft man dann durch ein Skigebiet, vorbei an einem Stausee. Wie auch schon auf dem Gr.10 ist es irgendwie ein seltsames Gefühl zu sehen was wir Menschen überall hinbauen. Im Sommer hat eine Skistation wirklich auch etwas unheimliches. Ich finde den Anblick so unansehnlich, dass ich nicht ein einziges Foto davon mache. Oben am Col angekommen treffe ich zwei Motorradfahrer, die mit ihren Crossmaschinen auf die Ebene gefahren sind. Wir grüßen uns kurz und ich beginne mit dem Abstieg. Dieser ist schön, die Aussicht ist toll, es ist aber auch ziemlich heiß. Der Weg leitet in ein sehr schönes Tal das zum Campen einlädt. Ich bin früh dran, koche mir einen wohlverdienten Kaffee und esse eine leckeren Cliffbar. Zum Abend hin wird es dann ziemlich windig und ich habe Probleme einen guten Zeltplatz zu finden. Als ich schon weitergehen will spricht mich ein Mann von einer nahestehenden Hütte an und zeigt mir einen super Platz zum Campen, der gut windgeschützt ist. Dort bereite ich noch kurz mein Abendessen zu und gehe danach gleich ins Bett da ich sehr müde bin.



Einfach und trotzdem schön

Am folgenden Tag wandere ich ausschließlich in sehr leichtem Gelände und auf vielen Gravel roads. Der Weg ist ein bisschen weniger spektakulär als sonst aber trotzdem schön. Am Nachmittag verläuft der Trail parallel zu einer Forststraße durch den Wald, bis zu einem Wanderparkplatz. Es ist erst 15 Uhr aber ich entscheide mich trotzdem für heute hier zu bleiben und zu campen. Da ich so viel Zeit habe geht mir das erste mal durch den Kopf wie praktisch jetzt ein Kindle wäre, vielleicht nehme ich auf der nächsten Tour doch mal eines mit. Am Abend schlage ich mein Zelt in der nähe eines Flusses auf…nachdem ich mich schon in den Schlafsack gekuschelt habe komme ich irgendwie nicht zur Ruhe und beschließe das Zelt doch nochmal etwas zu versetzen. Dort schlafe ich dann in Ruhe ein.

Zelt aufgeschlagen mit Bäumen und Bergen im Hintergrund
Mein Zeltplatz am Flussbett

Der schönste Tag auf der Grande Tour des Ecrins

An Tag fünf geht es bei strahlendem Sonnenschein stetig bergauf bis zum ersten Col (Col de l’Aulp Martin). Kurz vor dem Col ist ein wenig Trittsicherheit, Orientierungssinn und Schwindelfreiheit gefragt. Aber es ist im Großen und Ganzen gut zu erreichen. Oben angekommen treffe ich zwei Männer, die mich glaube ich kurz vor dem Gipfel einmal gut fluchen hören, weil ich vor allem die letzten Höhenmeter ziemlich anstrengend fand. Der Trail führt dann bergab bis zum wunderschön gelegenen Refuge du Pré de la Chaumette. Dort angekommen trinke ich erst mal ausgiebig und mache eine lange Mittagspause seitlich eines Flusses. Nach der Pause wandere ich stetig bei angenehmer Steigung bergauf Richtung dem nächsten Bergpass. Oben angekommen ist es dann ganz schön windig. Der Weg herunter erfordert absolute Trittsicherheit, denn er führt steil über einen sehr schmalen Pfad durch ganz feines, fast schwarzes Geröll. Bei schlechtem Wetter würde ich dort eher nicht bergab gehen wollen, vor allem nicht alleine. In kleinen Schritten und mit Vorsicht steige ich den Pfad entlang hinab. Unten angekommen will ich eigentlich Campen, doch die Wasserstelle ist ausgetrocknet. Deshalb entschließe ich mich weiter zu gehen und überquere letztendlich zwei weitere Cols ( Col de Gouiran und Col de Vallonpierre) bis hin zum Refuge de Vallonpierre. Ich genieße wie stark mein Körper ist und mich brav über all die Cols trägt. Der Campplatz ist wohl einer der schönsten, an denen ich je geschlafen habe. Die Sicht ist einzigartig und wunderschön. Ich mache mir eine riesen Portion Couscous mit Yum Yum Nudeln, verkrieche mich dann in meinen warmen Quilt und schlafe sofort ein.


Pause tut auch ganz gut

Am darauf folgenden Tag geht es erst mal stetig bergab vorbei an mehreren Hütten. Nach ein paar Stunden erreiche ich das kleine Bergdorf Chapelle en Valgaudémar wo ich auf dem Camping Municipal übernachte. Ich gönne mir einen halben Tag Pause und eine wohltuende Dusche. Auch will ich meine Powerbank aufladen und Lebensmittel nachkaufen. Am Nachmittag checke ich die Wettervorhersage und erfahre das heftiger Sturm und Gewitter angesagt sind. Am Abend treffe ich dann zum dritten mal Martin, so lustig. Wir kochen zusammen und spielen Federball auf dem Campingplatz. In der Nacht fängt es dann richtig an zu Regnen und Gewittern. Am nächsten Tag ist ein Weitergehen unmöglich und ich beschließe die Schlechtwetterfront am Campingplatz auszusitzen. Insgesamt verbringe ich 3 Tage auf dem Camping und lerne ein super nettes und liebes französische Pärchen kennen. Ihre Namen sind Marie und Thomas. Die beiden haben sich gerade ein Haus in den Alpen gekauft und träumen von einem teils autarken leben, unter anderem auch mit Eseln. Ich finde das hochspannend und höre mir alles genau an. Zudem gehen die beiden sehr lieb miteinander um, sie zeigen gegenseitig viel Respekt und unterstützen sich. Einfach irgendwie schön mit anzusehen.

Selfie von drei Wanderern auf dem Gr 54 in Frankreich
Zusammen Wandern mit Marie und Thomas

Kaffee und Cambio

Das schlechte Wetter ist abgezogen und Marie, Thomas und ich entscheiden uns zusammen weiter zu gehen. Wir durchqueren zwei Bergbäche die nach dem ganzen Regen ganz schön viel Wasser tragen. Neben der netten Gesellschaft war ich auch deswegen ganz froh mit anderen Leuten unterwegs gewesen zu sein. Thomas und Marie sind in einem anderen Ort als ich gestartet und somit auch schon früher mit dem Gr 54 fertig. An dem für sie festgelegten Trailstart haben sie ihren Campervan geparkt und laden mich zum Abschluss auf einen leckeren Kaffee ein. Dort spielen wir dann auch noch Cambio…ein ziemlich cooles Kartenspiel.


Kalter Schlaf

Am darauffolgenden Tag ist es neblig und es geht wie immer bergauf. Nach einiger Zeit lichtet sich der Nebel und ich bekomme die Bergspitzen durch die Wolken zu sehen. Ich erreiche das Col de Côte Belle mit seinen einzigartigen, spitzen Felsformationen. Dort mache ich erstmal eine Pause und genieße die Aussicht. Dann geht es auf einem gut ausgebauten Wanderweg stetig im Schatten bergab. Ich durchquere Valsenstre, da ich mich fit fühle und es noch früh ist entscheide ich mich direkt weiter Richtung Col de la Muzelle zu gehen. Auf dem Weg dorthin hat sich der Nebel dann doch wieder zugezogen. Nach einiger Zeit ziehen aber auch dort die Nebelfelder ab und man sieht Stück für Stück immer mehr blaue Flecken am Himmel. Das letzte Stück bis zum Col ist ziemlich anstrengend und verläuft steil über schwarzes Schiefergestein. Ich geniesse es wie meine Beine die ganze Anstrengung meistern und erreiche das Plateau. Dort bietet sich mir ein spektakulärer Blick. Dann geht es sanft bergab Richtung Refuge de Muzelle. Ich übernachte etwas vor dem Refuge. Die Nacht ist glasklar und kalt. In der Nacht friere ich zum ersten Mal auf der Tour. Ich ziehe alle Kleidung an die ich habe, versuche mich klein zu machen und ziehe den Quilt Komplett überm Kopf zu. Letztendlich kann ich dann doch ein paar Stunde schlafen.


Tag 9 im Ecrins

Der nächste Tag ist mein letzter auf dem Gr 54. Ich steige auf das Col du Vallon. Oben angekommen merke ich wie meine Füße richtig anfangen zu schmerzen. Am Vorabend habe ich eigentlich nur festgestellt, dass meine Füße rauh und trocken sind. Ich merke, dass ich mir vielleicht zum Abschluß doch noch die ein oder ander Blase laufen werde. Um die Haut etwas zu schonen halte ich an und tape mir die schmerzenden Stellen mit Leukoplast ab. Dann geht es talabwärts, ich durchquere eine Schafherde und begegne einem wild zerzausten Patou der die Herde hütet. Nach einiger Teil kommt ein kurzes Stück das drahtseilversichert ist. Der Teil bereitet mir keine Probleme, den der Pfad ist relativ breit. Der letzte Abschnitt ist etwas mühsam, man läuft ausschließlich auf Asphalt aber irgendwie ist das zum Abschluss auch ganz ok. Nach einiger Zeit gelange ich dann wieder nach Bourg-d'Oisans. Zur Belohnung kaufe ich mir eine riesen Portion Salat und frisches Baguette mit ganz viel Butter und Käse. Danach schlendere ich noch durch die Stadt und gönne mir einen großen Kaffee:)

Coll du Vallon mit Sicht auf andere Berge bei strahlendem Sonnenschein
Auf dem Col du Vallon

Aussicht von einem Campingplatz in Le Bourg-d’ Oisans in den französischen Alpen
Zurück am Campingplatz in Le Bourg-d’ Oisans

 

Meine persönliche Einschätzung:

Der Fernwanderweg Gr 54 ist sehr gut markiert und ausgebaut. Hat man ausreichend Erfahrung am Berg und ist trittsicher plus schwindelfrei kann ich die Rundtour auf jeden Fall weiterempfehlen. Pro Tag legt man meist mehr als 1000 Höhenmeter zurück, beim Zusammenlegen von Etappen können es auch leicht 2000 oder mehr Höhenmeter werden. Eine gute Grundkondition ist von Vorteil, man kann sich für die Tour de Ecrins aber auch ein paar mehr Tage Zeit lassen. Für mich waren die 9 Tage im Ecrins Nationalpark eine meiner schönsten Wanderungen überhaupt. Die Berge sind hoch, Landschaft und Natur sind atemberaubend schön. Definitiv ein Trail den ich zu 100 % weiter empfehlen kann.


Infos zum Trail:

Beste Jahreszeit: Juni bis Mitte September (Im Juni kann noch Restschnee liegen). Ich bin Mitte August gestartet.

Dauer: 7 - 12 Tage.

Unterkunft/Übernachtung: Man kann je nach Bedarf komplett in Hütten oder aber auch im Zelt schlafen.

Anreise: Mit dem Bus/Zug nach Lyon und dann nach Grenoble. Von dort aus fährt ein Bus regelmäßig nach Le Bourg-d'Oisans.

Buch: Das Buch “Tour of the Ecrins National Park Gr 54” war mir ein hilfreicher Begleiter auf meiner Tour. Dieses ist auf Englisch geschrieben, man kann damit sehr gut seine Etappen planen, es bietet eine gute Gesamtübersicht.

Navigation: Wie immer Mapy.cz, meiner Meinung nach die beste Wander App überhaupt - und dazu noch kostenlos. Mapy gibts als Desktop Version, außerdem als App im App Store und im Google Play Store.


Happy Hiking euch allen:)


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